Reaktion auf Verfassungsschutz-Gutachten: ZDF will journalistischen Umgang mit AfD „reflektieren“

Die Entscheidung des Bundesamtes für Verfassungsschutz, die gesamte AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ einzustufen, könnte sich auf die Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) auswirken. „Das ZDF nimmt die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch durch das Bundesamt für Verfassungsschutz zum Anlass, den journalistischen Umgang mit der Partei erneut zu reflektieren“, sagte ein ZDF-Sprecher der Berliner Zeitung. „Eine kritische, journalistisch fundierte Auseinandersetzung mit der AfD, ihren Vertreterinnen und Vertretern sowie ihren Positionen ist vor diesem Hintergrund geboten.“
Am vergangenen Freitag hatte die scheidende Innenministerin Nancy Faeser (SPD) die Hochstufung der AfD bekannt gegeben. Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist eine weisungsgebundene Behörde des Ministeriums. Das neue Gutachten über die AfD, an dem der Nachrichtendienst mehr als drei Jahre lang gearbeitet hatte, soll allerdings unter Verschluss bleiben. So berichtete der Verfassungsschutz lediglich in Form einer Pressemitteilung über seine neue Bewertung. Grund dafür sei eine „die Menschenwürde missachtende, extremistische Prägung der Gesamtpartei“. Die AfD wehrt sich juristisch gegen die Entscheidung.
Vor diesem Hintergrund fordern mehrere Onlinepetitionen den ÖRR zu einem anderen Umgang mit der Partei auf. So sollten beispielsweise keine AfD-Politiker mehr in Formate von ARD und ZDF eingeladen werden. Auch der stellvertretende Fraktionschef der Grünen, Andreas Audretsch, erwartet Konsequenzen. Wie der Tagesspiegel berichtet, störe sich der Politiker daran, dass AfD-Chefin Alice Weidel im ÖRR wiederholt ihre Remigrationspläne „ausbuchstabieren“ durfte. Zu Entscheidung des Verfassungsschutzes sagte er: „Das sollte dem Weg der Normalisierung endlich ein Ende setzen und Anlass sein für eine kritische Reflexion, auch in den Redaktionen. Eine Gleichbehandlung darf es nicht geben.“
ARD nimmt Einstufung des Verfassungsschutzes „zur Kenntnis“Das ZDF will nun „auch auf die Erfahrungen aus den Bundesländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt“ zurückgreifen, in denen die Landesverbände der AfD schon vor einiger Zeit als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft worden waren. „Die ZDF-Redaktionen prüfen im Rahmen der publizistischen Verantwortung fortlaufend und im Einzelfall, in welchem Rahmen und in welcher Form Vertreterinnen und Vertreter der AfD im Programm zu Wort kommen“, sagte der Sprecher der Rundfunkanstalt.
Die ARD drückt sich zurückhaltender aus. „Wir nehmen die aktuelle Einstufung des Bundesverfassungsschutzes zur Kenntnis und berichten darüber“, teilte die Pressestelle des Rundfunkverbunds der Berliner Zeitung mit. Die AfD sei eine demokratisch gewählte Partei. „Sie vereint regional und bundesweit viele Stimmen von Wählerinnen und Wählern auf sich. Sie ist im Bundestag, in Landesparlamenten und auf kommunaler Ebene vertreten. Unserer Auffassung nach ist es die Aufgabe von Journalismus, über die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen zu informieren und einzuordnen.“
Berliner-zeitung